Donnerstag, 26. Februar 2015

Bilanzänderung – unterbliebene Offenlegung der geänderten Handelsbilanz

FinMin Schleswig-Holstein, Kurzinformation vom 30.6.2011, VI 304-S 2141-011


§§ 325 ff. HGB regeln für Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften, deren Haftungsstrukturen mangels einer vollhaftenden natürlichen Person denen von Kapitalgesellschaften vergleichbar sind, die Pflicht zur Offenlegung u.a. des Jahresabschlusses, bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang. Der Begriff „Offenlegung“ beinhaltet
– die Einreichung beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers (§ 325 Abs. 1 Satz 1 HGB) und
– die Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger (§ 325 Abs. 2 HGB).
Bei Änderungen bereits offengelegter Unterlagen müssen nach § 325 Abs. 1 Satz 6 HGB auch diese Änderungen beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers nachgereicht und im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemacht werden. Diese Vorschrift ist entsprechend auf rückwirkende Änderungen der Handelsbilanz nach einer Betriebsprüfung anzuwenden.
Zu der Frage, ob aus ertragsteuerlicher Sicht einer nach HGB prüfungs- und offenlegungspflichtigen GmbH & Co KG eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG zu versagen ist, die die KG durch entsprechende Änderung ihrer Handelsbilanz zur Kompensation von Gewinnerhöhungen durch im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellte fehlerhafte Bilanzansätze vorgenommen hat, diese Änderung aber nicht gemäß § 325 Abs. 1 Satz 6 HGB zur Bekanntmachung im Bundesanzeiger eingereicht hat, gilt Folgendes:
Die angesprochene Frage betrifft die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz, die in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG normiert ist; vgl. auch Rdnr. 1 des BMF-Schreibens vom 12.3.2010, BStBl. I, S. 239, IV C 6 – S 2133/09/100001, siehe auch hier. Handelsrechtlich ist der – bei Prüfungspflicht zuvor geprüfte – Jahresabschluss allein mit der Aufstellung und Feststellung rechtlich wirksam. Verstöße gegen die Offenlegungspflichten nach § 325 HGB stellen weder einen Grund zur Anfechtung des Jahresabschlusses noch einen Nichtigkeitsgrund dar; derartige Verstöße können mit Ordnungsgeld sanktioniert werden. Für eine wirksame Änderung der Handelsbilanz ist eine Offenlegung nicht erforderlich, so dass auch eine nicht offengelegte geänderte Bilanz der Besteuerung zugrunde gelegt werden kann.


Praxis-Info!
Durch unrichtige oder fehlende Buchungen im Laufe des Wirtschaftsjahres (z.B. überhöhte Abschreibungen; Wesentlichkeitsgrundsatz beachten!) können sich Fehler in der Schlussbilanz und in der GuV ergeben:
  • Als Bilanzberichtigung wird der Ersatz eines unzulässigen Bilanzansatzes durch einen zulässigen Bilanzansatz bezeichnet.
    Ein Bilanzansatz ist nicht fehlerhaft, wenn er der im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht. Kommt es später zu einer Änderung der Rechtsprechung, so wird der Bilanzansatz in der Bilanz fehlerhaft, in der die Änderung der Rechtsprechung erstmals berücksichtigt werden kann (BFH-Urteil vom 12.11.1992, IV R 59/91, BStBl. II 1993, S. 392). Dies ist regelmäßig die erste nach Veröffentlichung der geänderten Rechtsprechung aufgestellte Bilanz (siehe oben). Eine rückwirkende Berichtigung von Bilanzen, die einer verfahrensrechtlich noch änderbaren Veranlagung zugrunde liegen, kommt nicht in Betracht.
  • Im Unterschied dazu ist (steuerrechtlich) eine Bilanzänderung nur dann möglich, wenn ein zulässiger Bilanzansatz durch einen anderen zulässigen Bilanzansatz ersetzt wird (z.B. unterschiedliche Wahrnehmung von Ansatz-/Bewertungswahlrechten).
Handelsrechtlich existieren keine Vorschriften für die Berichtigung oder Änderung. Die Bilanz wird mit der Unterzeichnung (gemäß § 245 HGB) festgestellt und kann jederzeit geändert und neu unterschrieben werden. Steuerrechtlich ist eine Bilanz gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG zu berichtigen, wenn sie nicht den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht, insbesondere wenn die handels- und steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften nicht beachtet worden sind (§§ 238 ff. HGB sowie § 6 EStG).
Die Berichtigung kann durch den Steuerpflichtigen selbst vorgenommen werden. Sie wird aber meist im Rahmen der steuerlichen Außenprüfung oder aber bereits im Steuerfestsetzungsverfahren ergehen. Die hierdurch eintretenden Änderungen führen zur Erhöhung oder Verminderung des Betriebskapitals und damit zu einem höheren oder niedrigeren Gewinn im Jahr der Änderung.
Zur Problematik der Bilanzierungsfehler sowie zur Praxis der Fehlerbeseitigung in der Steuerbilanz vgl. Hoffmann, BC 1/2005 (S. 2 ff.).

Praxishinweise:
  • Kapitalgesellschaften und GmbH & Co. KGs hatten noch bis zum 31.12.2007 Zeit, die Jahresabschlussunterlagen aus dem Geschäftsjahr 2006 elektronisch offenzulegen. Ab Januar 2008 müssen diese Unternehmen bei Verstößen mit einem Ordnungsgeldverfahren rechnen, das allerdings durch Einreichen der Unterlagen binnen sechs Wochen abgewendet werden kann.
  • Das Ordnungsgeldverfahren leitet das Bundesamt für Justiz von Amts wegen ein, wenn die Unterlagen nicht rechtzeitig oder unvollständig beim elektronischen Bundesanzeiger eingehen. Für Verstöße drohen Ordnungsgelder von 2.500 bis 25.000 €. Das Ordnungsgeld kann sowohl gegen die Gesellschaft als auch gegen ihre gesetzlichen Vertreter und notfalls auch mehrfach festgesetzt werden.
  • Eine geringfügige Überschreitung der Sechswochenfrist (nach Androhung eines Ordnungsgeldes) wird regelmäßig nur bei einer Fristüberschreitung von bis zu einer Woche angenommen. In diesem Fall gilt eine Herabsetzung auf die Hälfte des ansonsten angemessenen Ordnungsgeldes für sachgerecht.
  • Welche Datenformate zulässig sind (insbesondere Word-, RTF-, Excel-, PDF- oder XML-Format), welche größenabhängigen Erleichterungen für die Offenlegung von Jahresabschlüssen gewährt werden oder welche Möglichkeiten bestehen, die Offenlegungspflicht einzuschränken bzw. sich von ihr zu befreien, erörtert Praetorius ausführlich in BC 3/2007 (S. 89 ff.). Welche Erleichterungsmöglichkeiten und bilanzpolitischen Maßnahmen kleinere GmbHs nutzen können, die Offenlegung ihrer Jahresabschlussdaten möglichst zu begrenzen, illustrieren Meeh/Sattler in BC 11/2008 (S. 285 ff.) anhand von zwei Praxisbeispielen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen